Generalversammlung und Exkursion der SGEG am 4. März 2023 in Winterthur
04.03.2023: Besuch in der Nagelfabrik Winterthur «Nagli»
Eine gut gelaunte Schar von SGEG- Mitgliedern traf sich kurz nach neun Uhr in Winterthur Grüze zur Besichtigung der letzten aktiven Nagelfabrik in der Schweiz. Herrmann Binder von inbahn, dem Verein für Industrie- und Bahnkultur Winterthur, erklärte uns in einer unterhaltsamen Einführung die Geschichte der Nagelfertigung und die verschiedenen Typen von Nägeln samt ihrem Verwendungszweck. Der profane Allzweckgegenstand erhielt völlig neue Facetten. Wer hätte verzinnte Messingnägel für die Elektronikproduktion, Markiernägel mit Datum und Prüferinitialen für hölzerne Leitungsmasten oder doppelköpfige Nägel für die einfache Zollkontrolle auf seinem Rader gehabt…?
Anschliessend ging es in die Produktion, wo uns Herr Binder in der Schmiede vorführte, wie im 19. Jahrhundert Nägel von Hand gefertigt wurden, was bei geübten Handwerkern pro Nagel gut eine Minute dauerte. Dabei wurden parallel mehrere Eisenstäbe in der Esse vorgeglüht und abwechselnd in Form geschlagen. Damit wäre der Ausdruck „er hat mehrere Eisen im Feuer“ erklärt…
Diese Handanfertigung wurde durch maschinelle Fertigung abgelöst, was in der Nagli auch anhand historischer betriebsfähiger Maschinen gezeigt werden kann. Angetrieben werden die ältesten fünf Maschinen über voll funktionsfähige Transmissionsriemenantriebe. Es ist faszinierend, zuzuschauen, wie ein Nagel in Sekundenschnelle entsteht. Der Draht wird ab einer Rolle abgewickelt, über Umlenkrollen gerade gerichtet und in der gewünschten Länge schräg abgeschnitten, was gleich die Spitze ergibt. In Klemmstücken wird das Drahtstück abwechselnd nach links oder rechts aufgestellt und von oben mit einem Schlaghammer zu einem Nagelkopf gestaucht. Dass dabei viel Lärm entsteht, muss wohl nicht weiter betont werden. Alle Bewegungen erfolgen mit rein mechanischen Exzentern, Führungskulissen, Hebeln, Gewichten und Holzfedern. Durch die mechanischen Einstellungen kann fast jeder Typ Nagel (Länge, Dicke, Kopfgrösse) auf ein und derselben Maschine produziert werden! Man staunt über die Kreativität und den Erfindergeist der damaligen Konstrukteure! Heute werden auf diesen historischen Maschinen noch immer kleine Lose von Spezialnägeln gefertigt.
Anschliessend ging es zu den neueren Anlagen, die die gleichen Fertigungsschritte nochmals um Faktoren schneller bewältigen.
Es ist toll, dass diese Maschinenveteranen gemeinsam mit den neueren Anlagen kommerziell konkurrenzfähig produzieren und so hoffentlich noch lange in Betrieb besichtigt werden können.
GV im Restaurant Äusserer Lindhof
Anschliessend ging es mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in das Restaurant Äusserer Lindhof, eine der wenigen noch bestehenden Arbeiterbeizen in Winterthur. Es gab ein währschaftes Mittagessen mit feinem Dessert. Da die Gaststätte am Samstag ab 14 Uhr geschlossen ist, stand uns für die Generalversammlung die ganze Wirtsstube ungestört zur Verfügung – sogar mit Getränkebedienung. Der Ablauf der GV ist im Protokoll festgehalten. Mit Andreas Hurt wurde ein neues Vorstandsmitglied gewählt und Peter Hürzeler angesichts seiner Verdienste für den Verein zum Ehrenmitglied ernannt.
04.03.2023: Besuch der Historic Rail Services GmbH
Nach dem Ende des statutarischen Teils der GV ging das Wort an unser neues Mitglied René Brassel, der uns mit viel Herzblut und Begeisterung die Entstehung und den Zweck seines Unternehmens Historic Rail Services GmbH erklärte.
Den Anstoss zur Firmengründung gab das Projekt «Restaurierung des Dynamometermesswagens Xd4ü 99701», für den der Trägerverein um die Eisenbahner-Familie Rutschmann einen Realisator suchte.
Offenbar hat René Brassel eine Marktlücke gefunden, indem er komplette Restaurierungen, aber auch Arbeiten mit Teilnahme von externen Helfern, meist Vereinsmitgliedern, anbietet. Jedenfalls kann er sich nicht über mangelnde Arbeit beklagen.
Nach der Einführung ging es zur Betriebsbesichtigung ins alte Depot Winterthur Lindstrasse, wo der Seetaler ABi 4418 aufgebockt auf die nächsten Arbeitsschritte wartet und der CGTE C4 363 der Association Genevoise du Musée des Tramways AGMT, sowie weitere Fahrzeuge in Arbeit bewundert werden konnten. Eine Reihe von ausgebauten Holzbänken wartete auf die Fähigkeiten der Schreiner. Zum Schluss durften wir in den erwähnten Xd4ü 99701 einsteigen und wurden ziemlich exklusiv zurück zum Bahnhof Winterthur gefahren, wo man zum Abgewöhnen noch einen Schienenerneuerungszug in voller Arbeit sehen konnte – ausnahmsweise bei Tageslicht.
Ein herzliches Dankeschön den Organisatoren und allen Partnern, die diesen tollen Tag möglich gemacht haben.
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