Be 4/4 12001

Mit dieser Eisenbahngeschichte möchte ich an einen wenig beachteten, aber für die Entwicklung heutiger Umrichterfahrzeuge äusserst wichtigen Einzelgänger erinnern, den Be 4/4 12001. Dieses Versuchsfahrzeug entstand zwischen 1970 und 1972 in der Hauptwerkstätte Yverdon durch einen Umbau aus dem De 4/4 1685, der übrigens auch schon ein Exot war. Als einziger De 4/4 besass er eine elektrische Ausrüstung von MFO mit Rekuperationsbremse.

Als frische Anfänger in der Szene der Eisenbahnfotografen erbettelten wir uns am 11.08.1972 Zugang zur Hauptwerkstätte Yverdon. Unser Ziel war die Ae 3/6II 10401, die in der HW damals als Heizlokomotive diente… Es geht mir wie vielen Fotografen: Heute ist klar, dass das, was damals als Beifang entstand, viel wichtiger war…
Die ersten drei Bilder dieses Beitrages entstanden unter schwierigen Licht- und Platzverhältnissen und wurden aufgenommen mit einer billigen Spiegelreflexkamera aus der DDR. Ich finde, die historische Seltenheit der Fotos rechtfertigt trotzdem eine Publikation.
Im Hintergrund eine Re 4/4 I in Revision. Hauptwerkstätte Yverdon, 11.08.1972 Foto: Edi Meier, Bülach
Die andere Seite des im Umbau stehenden Fahrzeugs mit teilweise geöffneten Seitenwänden. Bei den im vorderen Tor sichtbaren Geräten dürfte es sich um elektrische Glättungsdrosseln handeln, die für den Umrichterbetrieb unabdingbar nötig sind. Die Drehgestelle im Vordergrund haben Ähnlichkeit zu einem De 4/4 Drehgestell. Allerdings steht das Fahrzeug auf eigenen Drehgestellen… Da in dieser Zeit nach dem Umbau der De 4/4 1661 – 1671 auf Stahlkasten bereits Fahrzeuge als Ersatzteilspender ausrangiert waren, könnten sie aus dieser Quelle stammen. Allerdings fehlen die Nieten in Drehgestellmitte, die auf dem Foto aus Luzern gut sichtbar sind und die auch mittige Abkröpfung fehlt in Luzern. Vielleicht kann da jemand mehr dazu sagen… Nutzen Sie dafür das unten stehende Formular.Hauptwerkstätte Yverdon, 11.08.1972 Foto: Edi Meier, Bülach
Ein drittes Foto des Fahrzeuges in der Hauptwerkstätte Yverdon. Im Vordergrund stehen vier Teile, die mich an Tatzlagerantriebe erinnern. Vielleicht kann da jemand mehr dazu sagen… Nutzen Sie dafür das unten stehende Formular. 11.08.1972 Foto: Edi Meier, Bülach
Umrichter- Technik (für Interessierte)

Die Be 4/4 12001 gilt als erste Umrichterlokomotive mit Einspeisung des Zwischenkreises ab Fahrleitung. Mit diesem Versuchsfahrzeug gewannen die Ingenieure von BBC wichtige Erkenntnisse über die Umrichtertechnik und gehörten zu den weltweit führenden Entwicklern dieser Technologie.
Es wurden normale Thyristoren verwendet, wie man sie von der Anschnittsteuerung her kannte. Diese Halbleiter werden mit einem Zündimpuls eingeschaltet und bleiben leitend bis zum Nulldurchgang der sinusförmigen Wechselspannung.
Für einen Umrichterbetrieb sollte man die Thyristoren zu einem beliebigen Zeitpunkt auch wieder ausschalten können. Dies wurde erreicht mit einer zusätzlichen Beschaltung, Löschkreis genannt, womit der Strom nahezu auf Null reduziert werden konnte (Haltestrom). So waren und blieben sie faktisch ausgeschaltet bis zum nächsten Zündimpuls.
Auch die nächsten Fahrzeuge wurden noch mit dieser Technik gebaut: Am 6/6 18521 -18526 (allerdings Dieselmotor und Generator für die Einspeisung des Zwischenkreises) und Ee 6/6 II 16811 – 16820.
Für die Umrichter Anwendung wurde die Halbleitertechnik weiter entwickelt: es entstand der GTO (gate turn off), der mit einem Impuls auch wieder ausgeschaltet werden kann. Erstmals zur Anwendung kamen GTO bei den Re 4/4 der BT, SZU und EBT, man könnte also von einer Umrichtertechnik der 2. Generation sprechen.
Heute werden nochmals andere Halbleiter verwendet, sogenannte IGBT.

Als Be 4/4 12001 stand das Fahrzeug im Seetal im Plandienst im Wechsel zu den normalen De 4/4 1661 – 1668. Hier steht der Be 4/4 12001 in Lenzburg vor dem Zug 2246 Brugg – Wildegg – Lenzburg – Luzern. Hinter der Lokomotive ist ein Wagen Typ ABD(i?) zu sehen, die ursprünglich als Anhängefahrzeug für die Roten Pfeile gebaut wurden. Aufnahmedatum unbekannt; Foto: Werner Hardmeier, Rümlang
Der Be 4/4 12001 abfahrbereit vor einem Seetalzug, erneut mit ABD(i?). Diese Wagen wurden wohl meist mit der Be 4/4 12001 kombiniert, da ja in der Be 4/4 12001 anders als bei den De 4/4 1661 – 1668, kein Gepäckabteil zur Verfügung stand. Schön sichtbar das grüne Nichtraucherabteil im Einheitswagen II auf dem Nachbargleis. Aufnahmedatum unbekannt; Foto: Werner Hardmeier, Rümlang
Der Be 4/4 12001 war bei den Lokführern aber nicht sonderlich beliebt wegen der abweichenden Bedienung, der schlechteren Sicht und weil er immer wieder mal ein Durchzünden der Thyristoren veranstaltete. Diese Schutzfunktion für die teuren Leistungshalbleiter wird im Störungsfall ausgelöst und führt zu einem heftigen Ruck. Be 4/4 12001 vor dem Depot Luzern 30.07.1977 Foto: Edi Meier, Bülach
Das Fahrzeug erlitt 1975 einen Schaden in der elektrischen Ausrüstung und wurde bis zum Abbruch 1981 remisiert. Wenn ich mich richtig erinnere, wurde das Fahrzeug so lange aufbewahrt, weil unklar war, ob es nochmals als Versuchsträger für die Umrichtertechnik der 2. Generation mit GTO verwendet werden sollte. Die Aufnahme des bereits remisierten Be 4/4 12001 entstand vor dem Depot Luzern, nachdem er aus dem Depot geschleppt wurde und zur Schau dank externer Druckluft den Stromabnehmer am Fahrdraht hatte. 30.07.1977 Foto: Edi Meier, Bülach

Für Kommentare und Ergänzungen zu dieser Eisenbahngeschichte wenden Sie sich bitte an unseren Vizepräsidenten Edi Meier. Danke für Ihre Mithilfe.

 

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