Basel und seine Schweizerisch/ Französischen Bahnhöfe

Pünktlich um 1400 Uhr konnten wir am 2. Februar 2024 beim St.-Johanns-Tor in Basel eine Gruppe von 18 interessierten Eisenbahnfreunden für den Rundgang in Basel begrüssen.

Treffpunkt am St.-Johanns-Tor 02.02.2024 Foto: Edi Meier, Bülach

Unser Führer Thomas Hofmeier nahm uns mit auf einen spannenden Ausflug in vergangene Zeiten. Am St.-Johanns-Tor machte er uns auf unterhaltsame Weise auf Ungereimtheiten aufmerksam. So passen die Führungsnuten in den Seitenwänden nicht zu den Fallstäben über unseren Köpfen. Der Grund ist einfach: das ursprüngliche Falltor war zwar sehr schnell schliessbar, aber auch leider nur schwer und unhandlich zum Öffnen.
Da es militärisch nie zum Einsatz kam, entschloss man sich zum Ersatz durch Einzelstäbe. So konnte man viel flexibler nur Teile öffnen und so zum Beispiel nur Personenverkehr zulassen. Letztlich waren die Tore für die alltägliche Zugangs- und Warenzollkontrolle im Gebrauch.
Er unterhielt uns mit amüsanten Details: wenn es mal etwas kriegerische Zeiten gab, wurden vorab die Geschütze und zugehörige Munition überprüft, immer mit dem Ergebnis, dass Kugeln und Schiesspulver fehlten. Was war passiert? Bürger standen in der Pflicht im Turnus Nachtwache zu leisten. Das war langweilig, was mit Wein als Ablenkung besser erträglich wurde. Kugeln konnte man gut gebrauchen zum Beschweren von Netzen, zum Spielen, oder als Rohmaterial für die Esse. Und Schiesspulver musste man für die obligatorischen Übungen kaufen und so wechselten Kugeln und das Pulver im einen oder anderen nächtens abgefüllten Säcklein aus dem Stadttor in eine private Behausung.

Thomas Hofmeier während seinen Erklärungen im St.- Johanns-Tor. 02.02.2024 Foto: Edi Meier, Bülach
Die Gruppe marschiert vom St.-Johanns-Tor (im Hintergrund sichtbar) zum Areal wo einst der Elsässer Bahnhof stand. 02.02.2024 Foto: Edi Meier, Bülach

Was hat das mit Bahnhöfen zu tun?
Als die ersten Eisenbahnen aufkamen, hatten die Stadtmauern und Stadttore ihre militärische Funktion weitgehend eingebüsst. Sie waren aber sehr wichtig für die Zollkontrolle von Waren und die Überwachung der ein- und ausgehenden Personen. 1844 lag der letzte Krieg mit Frankreich (Napoleon) noch nicht lange zurück. Daher wollte man auf keinen Fall, dass Waren und Personen aus dem Elsass unbesehen nach Basel gebracht werden konnten.
Nach längeren Diskussionen entschied man sich, der privaten Bahngesellschaft einen freien Platz vor den bestehenden Stadtmauern anzubieten und diese zu verschieben. Mit dem Bau des Bahnhofs wurde ein neues Stadttor erstellt, durch das zwei Geleise führten und die Stadtmauer wurde auf 800 Meter neu um das Bahnhofareal herum gebaut! Das Tor war oben begehbar wie eine Brücke, was dann für die Basler zur grossen Attraktion wurde. Der 1844 in Betrieb genommene Elsässer Bahnhof war der erste Bahnhof auf Schweizer Boden und es verkehrten hier Züge rund 2 Jahre vor dem offiziell ersten Zug der Schweiz, der Spanisch Brötli Bahn.

Der ursprüngliche Verlauf der Stadtmauer beim St.-Johanns-Tor gemäss dem Stadtplan von Merian aus dem Jahr 1615. 02.02.2024 Foto: Edi Meier, Bülach
Der geänderte Verlauf der Stadtmauer beim St.-Johanns-Tor mit dem zusätzlichen Stadttor für die Eisenbahn und dem Elsässer Bahnhof gemäss einem Stadtplan von 1847. 02.02.2024 Foto: Edi Meier, Bülach
Das zeitgenössische Gemälde zeigt den Elsässer Bahnhof mit zwei Zügen. Im Vordergrund beobachtet die Basler Bürgerschaft das neuartige Treiben aus sicherer Entfernung und luftiger Höhe vom neuen Stadttor her. 02.02.2024 Foto: Edi Meier, Bülach

Was führte zum Grosserfolg der Eisenbahnen? Um 1850 waren die Strassen in einem extrem schlechten Zustand und kaum befahrbar. Sie wurden nur genutzt, wenn es nicht anders ging.
Der Transport von Ware vom Mittelmeer bis nach Holland konnte zum Beispiel fast durchgehend auf Flüssen und Kanälen erfolgen, was rund 50 Mal günstiger war, als der Transport auf der Strasse. So musste auf dieser Route nur für 20 Kilometer auf die Strasse ausgewichen werden.
Allerdings war die Schifffahrt auch nicht gefahrlos und unzuverlässig. Der Rhein war noch nicht kanalisiert und hatte keine Schleusen. Es gab Stromschnellen und Sandbänke. Nach jedem Hochwasser war der Flusslauf verändert und man musste neue Wege suchen. Bei Niedrigwasser wurde der Schiffsverkehr stillgelegt. Mit der Eisenbahn stand nun erstmals ein zuverlässiges, allwettertaugliches und kostengünstiges Massentransportmittel zur Verfügung.
Der Elsässer Bahnhof war allerdings nicht sehr lange in Betrieb. Das erste Holzgebäude brannte nach einem Jahr ab und das danach erstellte Steingebäude diente seinem Zweck nur bis 1860. Dann kamen die Schienen der Centralbahn aus dem Süden nach Basel und man entschied sich, einen neuen Zentralbahnhof zu bauen.
Auch das neue Stadttor und die neu erstellten Stadtmauern hatten keinen langen Bestand. Nur 15 Jahre nach dem Bau, 1859, beschloss man sämtliche Stadttore abzubrechen und die Mauern zu schleifen und den gewonnenen Platz als Park, oder für Strassen zu nutzen. Das wurde nicht zu 100% umgesetzt, so dass wir in Basel noch heute 3 Stadttore als Zeugen aus alter Zeit bewundern können.
Per Tram fuhren wir nach dem Besuch des Areals des Elsässer Bahnhofs zum Historischen Museum, um uns die oben gezeigten Stadtpläne und Bilder anzuschauen. Die Basler Trambetriebe verkürzten unsere Wartezeit mit der Dante Schuggi, dem Ce 4/4 450.

Ce 4/4 450 Dante Schuggi auf Sonderfahrt. 02.02.2024 Foto: Edi Meier, Bülach
Die Gruppe vor dem historischen Museum. 02.02.2024 Foto: Edi Meier, Bülach

Zum Abschluss fuhren wir mit dem Tram zu Basler Hauptbahnhof. Dieser präsentiert sich vom Bahnhofplatz aus wie ein Kopfbahnhof, was damals in Städten die übliche Bahnhofform darstellte. Allerdings kamen in Basel die beiden Eisenbahnstrecken genau aus 180 Grad versetzten Richtungen. Nur mit grossen Schlaufen hätte man die parallele Einfahrt in einen Kopfbahnhof realisieren können. Man entschied sich deshalb, die Bahnhöfe mit ihren Geleisen seitlich neben dem Kopfbau zu platzieren, was auch sinnvoll war, da sie um einige Jahre zeitlich gestaffelt gebaut wurden. Diese Anordnung war ein Glücksfall, da man ohne grossen Aufwand «grenzüberschreitende» Gleisverbindungen ergänzen konnte.
Der Platz und die Ausrichtung des Bahnhofs ist übrigens kein Zufall: da standen einst die geschleiften Stadtmauern…

Beim Bier in einer nahegelegenen Beiz fand die äusserst gelungene Exkursion unter einem Modell einer B3/4 sein Ende. Ein herzlicher Dank geht an unseren tollen Führer Thomas Hofmeier und natürlich auch an unsere interessierten Teilnehmer. 02.02.2024 Foto: Edi Meier, Bülach

 

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