Wie im Programm versprochen wartete auf die 16 Teilnehmer ein Kontrastprogramm mit vielen Höhepunkten.
1. Waldenburgerbahn

Foto: © Kurt Niederer / bahnarchiv.ch
Doch die Beschaffung von neuem Rollmaterial für die Spurweite 750 mm der Waldenburgerbahn wurde immer schwieriger, da man nichts ab Stange wählen konnte.
Als die Waldenburgerbahn 2016 zur BLT stiess, wurde entschieden, diese Problematik endgültig zu lösen und die ganze Bahn auf reguläre Meterspur umzubauen. Es begann eine generalstabsmässige Planung…

Der Kontrast im Bahnhof Waldenburg zwischen einst und jetzt könnte nicht grösser sein!
Wegen der langen Lieferzeit wurden diese 10 Niederflurzüge aus der Tramlink Familie bereits 2019 bei Stadler bestellt.

Nach einer Einführung mit einer Powerpoint Präsentation wurden zwei Gruppen gebildet. Mit Florian Freiburghaus, dem Betriebs- und Standortleiter Waldenburg und David Niederhauser, Projektleiter Zugsicherungs- und Leitsystem CBTC wurden beiden Gruppen sehr kompetent geführt.
2020 war der Baubeginn unter Betrieb. Am Ostermontag 2021 fand die letzte Fahrt der 750 mm Züge statt. Zum Fahrplanwechsel im Dezember 2022 wurde der reguläre Betrieb mit Meterspurzügen wieder aufgenommen. Die 13 Kilometer Streckenlänge wurde in 7 Baulose unterteilt.
Im Bahnhof Liestal wurde die ganze Gleisanlage verschoben, damit die SBB ein zusätzliches Gleis realisieren konnte.
In Niederdorf mussten grosse Anstrengungen unternommen werden für einen besseren Hochwasserschutz. Faktisch steht die Bahn heute auf einer Brücke.
45000 t Aushub wurden bewegt, 5000 Schwellen, 2400 t Schienen, 216 t Fahrleitungsmasten wurden in dieser kurzenZeit beschafft und verbaut, So entstand in nur 20 Monaten eine komplett neue Eisenbahn an alter Stelle, was international grosse Beachtung und Bewunderung fand. Und das in der Schweiz, wo Einsprache inzwischen die häufigste Sprache geworden ist…

Da die Fahrzeuge gespeist ab Fahrzeugbatterie sich auf ebenem Gelände mit 2 angetriebenen Fahrzeugmotoren rund 200 Meter weit in eigener Kraft bewegen können, konnte in der Halle auf die Fahrleitung verzichtet werden. So kann man ohne Gefahr durch Stromschläge auch in der Höhe und auf dem Fahrzeugdach arbeiten.
Speziell erwähnenswert und der wichtigste Grund für unseren Besuch war das zukunftsträchtige Zugsicherungs- und Leitsystem CBTC (Communication based train control, in Deutsch: Kommunikationsbasierte Zugführung). Für den Hersteller Stadler bot sich die einmalige Chance dieses neu entwickelte System als Erstanwendung und als Testanlage in diesem Inselbetrieb, wo alles neu ist, einzubauen. Alle Informationen werden dem Lokführer als reine Führerstandssignalisierung angezeigt. Es gibt auf der ganzen Strecke keine Signale und Fahrstrassen können vom Fahrzeug aus angewählt werden.
Alle Fahrzeuge kommunizieren bidirektional mit dem Leitrechner. Jedes Fahrzeug kennt seine aktuelle Position auf wenige Meter genau. Verteilt auf die Strecke gibt es Stützpunkte, wo die exakte Position ans Fahrzeug abgegeben und die Positionsberechnung auf diesen Wert zurückgesetzt wird. Dazwischen wird die Position anhand der Anzahl Radumdrehungen berechnet (was nicht absolut exakt ist, da der Raddurchmesser vom Verschleiss abhängt und auch Mikroschlupf, oder Gleiten zu Abweichungen führt, daher die Stützpunkte zum Eichen). Derzeit funktioniert die Bahn mit Stufe GoA1, wo alles vom Leitrechner und den Rechnern auf den Fahrzeugen überwacht und gesteuert wird. Selbst Rangierfahrten und vom Lokführer angeforderte Fahrstrassen bleiben überwacht. Das Fahrpersonal ist von dieser Unterstützung begeistert.
Stufe GoA2 ist in Vorbereitung. Hier beschleunigt das Fahrzeug automatisch und energieoptimiert, fährt mit der zulässigen Streckengeschwindigkeit, bremst ab und hält zentimetergenau am Perron der nächsten Haltestelle. Der Lokführer startet den Zyklus und bleibt als Beobachter und zum Eingreifen weiterhin an seinem Platz. Auch diese Stufe wird vom Fahrpersonal mehrheitlich positiv aufgenommen.
Stufe GoA3 wird begrenzt auf Waldenburg auch schon bald getestet. Abgestellte Züge sollen ohne Lokführer bereit- bzw. weggestellt werden.
Stufe GoA4 wäre technisch auch vorgesehen, es müsste aber die ganze Strecke vor unbefugtem Betreten gesichert sein, was sehr aufwändig ist und wo die Vorschriften und Massnahmen erst erarbeitet werden müssen. GoA4 führt beim Fahrpersonal logischerweise zu Angst vor Arbeitsplatzverlust und heftigen Reaktionen.
Schwierig wird die Sache, wenn Fahrzeuge ohne CBTC zum Einsatz kommen wie Schienenschleifzüge externer Besitzer. Dann muss ein Streckenteil gesperrt werden und nach dem Einsatz muss vor Betriebsaufnahme die Strecke mit einem CBTC gestützten Fahrzeug auf Sicht “freigefahren” werden.




2024 konnten 2.45 Millionen Passagiere befördert werden (2016 erst 2 Mio) mit 98% Pünktlichkeit.
Herzlichen Dank an unsere beiden Führer Florian Freiburghaus und David Niederhauser für die spannende Besichtigung und die interessanten Erläuterungen und an die BLT / Waldenburgerbahn für das Öffnen der Türen.
Im BLT Magazin 2/2020 wird Rückschau gehalten auf die alte Waldenburgerbahn und Ausblick auf die damals bevorstehende Modernisierung. Link zum BLT Magazin 2/2020
2. Wasserfallenbahn
Ab Waldenburg startete die Fahrt mit dem Saurer Oltimerbus parallel zur Waldenburgerbahn bis Bubendorf Bad. Dort gab es eine Pause um unseren nächsten Führer, Elias Vogt, zu treffen. Vorgesehen war auch die Besichtigung der letzten Dampflok G. Thommen, die zusammen mit einem Plattformwagen in einem extra erstellten Gebäude geschützt aufbewahrt wird. Leider war das Gebäude verschlossen.
Elias Vogt verstand es, während der Fahrt und an den besuchten Schauplätzen packend über das Projekt der Wasserfallenbahn zu berichten, das 1875 nach 15 Monaten Bauzeit abgebrochen wurde. Die Wasserfallenbahn sollte als kürzeste Verbindung zwischen Basel und Bern den ganzen Güter – und Personenverkehr an sich ziehen. Grosszügig wurde ein doppelspuriges Trassee mit grossen Radien und moderater Steigung projektiert. Die Schweizerische Centralbahn, die das Projekt als Konkurrenz zu eigenen Bahnstrecken wahrnahm, sabotierte das Projekt wo es ging.
Kern des Projekts und erstes Ziel unserer Exkursion war der Tunnel durch den Jura bei der Wasserfallen zwischen Reigoldswil und Mümliswil. So fuhr uns der Bus ab Bubendorf via Ziefen nach Reigoldswil wo gleich neben der Talstation der Gondelbahn auf die Wasserfallen eine erste Spurensuche stattfand.


Foto: 30.08.2025 © Edi Meier, Bülach
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Ab dem Bahnhof sollte die Bahn in einem Einschnitt zum Tunnelportal geführt werden. Für den Tunnelbau wurde ein Berliner Ingenieurbüro beauftragt, das von den speziellen Anforderungen in Gebirgen keine Ahnung, aber am günstigsten offeriert hatte. Für einen raschen Bau wurden auf dessen Empfehlung im Bereich des zukünftigen Einschnitts mehrere Schächte ausgehoben von denen aus in beide Richtungen Stollen gegraben wurden. Diese Stollen sollten dem Abtransport des Materials vom Tunnelvortrieb dienen. Das viele Material des Einschnitts sollte erst nach und nach parallel zum Tunnelbau abgetragen werden.

Ebenerdig startet der Sondierstollen gleich neben der Seilbahnstation. Er ist rund 80 Meter lang. Elias Vogt öffnete mit seinem Schlüssel ein Zugangstor und wir konnten diesen Teil besichtigen. Er ist mit Wasser gefüllt, was nicht weiter verwundert, wenn man sich den Namen des Berges nochmals vor Augen führt: Wasserfallen…
Vom ersten Schacht aus, der heute verschüttet ist, wurden offenbar 60 Meter Stollen gebaut. Das würde heissen, dass bis zum Durchstich auf dem Papier nur 7 Meter fehlen!
Da die Baustelle fluchtartig verlassen wurde, ist anzunehmen, dass in diesem Stollenbereich die ganzen Gerätschaften von 1875 zu finden wären. Es wäre hochspannend, die fehlenden 7 Meter zu graben und diese Zeitkapsel anzustechen…


Foto: 30.08.2025 © Edi Meier, Bülach


Foto: 30.08.2025 © Edi Meier, Bülach

Auf der Fahrt Richtung Mümliswil gab es einen kurzen Halt oberhalb von Balsthal. Von dieser Stelle bietet sich ein schöner Blick übers Tal, die gegenüber liegende Klus Richtung Mümliswil mit der Burgruine Neu Falkenstein. Hier hätte die Bahn auf einem 21 Meter hohen Damm die Geländemulde überquert und wäre neben der Burg in einem kurzen Tunnel verschwunden. Der Grund dafür, dass man die Klus nicht durch den Einschnitt gequert hat, liegt am Anspruch der Planer weite Radien und eine moderate Steigung zu realisieren.

In Mümliswil ist ebenfalls eine ebene Fläche für den Bahnhof aufgeschüttet worden. Diese Fläche ist aber mit Häusern überbaut und daher nicht mehr so deutlich sichtbar.
Danach ging es auf einer schmalen Strasse (Sackgasse) dem Limmernbach entlang. Die wilde und urtümliche Landschaft dieser Schlucht hat alle Teilnehmer tief beeindruckt.
Auch auf dieser Seite der Wasserfallen wurden mehrere Schächte gegraben um den Tunnelbau rascher voranzutreiben. Sie sind alle zugeschüttet, aber als leichte Senken in den Wiesen noch erkennbar. Der oberste dieser Schächte wurde in einem Bachbett gegraben.
Normalerweise ist dies ein kleines Rinnsal, das man seitlich mit ein paar kleinen Mäuerchen vorbeileitete.
Bei einem Unwetter schwoll das Rinnsal an und flutete den Schacht mit Geschiebe und Wasser. Man versuchte abzupumpen und holte als Verstärkung weitere Pumpen von anderen Schächten. Resultat, auch diese Schächte füllten sich mit Wasser. Wasserfallen halt… Letztlich war dies einer der Auslöser für Konkurs des Bauunternehmens und den überstürzten Abbruch dieses Bahnbaus.

Herzlichen Dank an Elias Vogt für diese spannende Spurensuche und unseren Chauffeur Kaspar Bechter der uns über diese herausfordernde Strasse sicher chauffiert und in Millimeterarbeit den Car knapp oberhalb dieser Stelle kratzerfrei gewendet hat.
Wer sich mit der Geschichte der Wasserfallenbahn noch viel intensiver befassen möchte, wird auf der Homepage von Elias Vogt fündig: Er hat den Wikipedia Artikel verfasst…
3. Oensingen – Balsthal – Bahn (OeBB)
Nach dem Scheitern des Projektes Wasserfallenbahn stand die Industrie in Balsthal ohne Bahnanschluss da. Man ergriff daher selber die Initiative und baute 1899 eine 4 Kilometer kurze Stichbahn zum Bahnhof Oensingen an der Strecke Olten – Solothurn. Bis 1973 blieben das Stahlwerk Von Roll und die Papierfabrik Balsthal Hauptaktionäre der Bahn. Heute gehört die Bahn zu 78 % der Einwohnergemeinde Balsthal und zu einem kleineren Teil Mümliswil. Speziell: Der Kanton ist nicht beteiligt.
Die OeBB hat eine EVU (Eisenbahnverkehrsunternehmen) Konzession für die ganze Schweiz, die bis 2073 läuft. Die Regionalzüge fahren seit 2004 planmässig mit SBB Zügen (derzeit Colibri), werden aber von OeBB Lokführern gefahren. Trotzdem wird für Notfälle eine eigene Reservekomposition bereit gehalten.
Die OeBB transportiert pro Jahr 655’000 Passagiere und liefert 1600 bis 3200 Güterwagen in eines der 5 Anschlussgeleise. Mit ihren 4.1 Kilometern Streckenlänge verfügt die OeBB über das kürzeste Europäisch interoperable Streckennetz des Kontinents.
In der Werkstatt, deren ältester Teil von 1915 stammt (vorher gab es nur eine Holzremise) und 1943 und 1983 erweitert wurde, werden heute historisch wertvolle Fahrzeuge unter Dach aufbewahrt und gepflegt. Es werden aber auch viele Arbeiten für Dritte ausgeführt. Spezialisiert hat sich die OeBB auf die Revision von Dampfluftpumpen, an denen sie praktisch alle Arbeiten für Dampfbahnen in der Schweiz übernimmt.
Selber betreibt die OeBB 4 betriebsfähige Dampflok, wobei die SCB Mallett Ed 2*2/2 196 und die JS Eb 2/4 35 (SBB 5469) zwar weiterhin SBB historics gehören, die OeBB als Halter aber für Unterhalt, Vermarktung und Betrieb verantwortlich ist. Dazu kommen zwei E 3/3 die einst als Werklok bei Von Roll arbeiteten. Dazu kommt der bekannte Rote Pfeil RBe 2/4 1007, der äusserlich in den Zustand von 1956 zurückversetzt wurde. In Aufarbeitung zur historischen Lokomotive ist die eigene Kleinlokomotiv Ce 2/2 103, die Ersatzteile von der Schwesterlok 102 erhält.
Auf dem Gleisfeld zwischen Bahnhof und Werkstatt, das noch alte Handweichen und Occasions Gleisstücke von 1879 enthält, stehen noch weitere Fahrzeuge von Privatpersonen.
Die Teilnehmer der Exkursion durften sich nach der einführenden Information frei durchs Gelände bewegen.



Es ist sicher toll in nagelneuen hellen Hallen zu arbeiten wie bei der zuerst besuchten Waldenburgerbahn. Aber auch unter beengten Verhältnissen lassen sich tolle Ergebnisse erzielen. Foto: 30.08.2025 © Edi Meier, Bülach


Foto: 30.08.2025 © Edi Meier, Bülach



Unser Chauffeur Kaspar Bechter und unser Reiseleiter Urs Berger im Cockpit des Saurerbusses beim Start zur letzten Etappe der Fahrt nach Olten. Herzlichen Dank an beide für die Organisation und Durchführung dieser tollen Reise.
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