Mitte der 1980er Jahre war der Doppelspurausbau der BLS Bergstrecke beschlossene Sache. Wer als Eisenbahnfotograf die alte einspurige Situation noch festhalten wollte, musste sich also beeilen.
Die BLS Südrampe ist in einen steilen Berghang eingepasst und steigt von Brig bis Goppenstein quer durch den Steilhang kontinuierlich an. Dem Passagier bietet sie einen spektakulären Blick auf den immer tiefer liegenden Talboden des Wallis.
Für den Fotografen gibt es mehrere Hindernisse… Die Sonne steht fast den ganzen Tag auf der Talseite. Für schön ausgeleuchtete Fotos muss man also talseitig stehen. Doch da geht es fast überall steil in die Tiefe. Nur an wenigen Stellen gibt es talseitig kleine Plätzchen an denen man sich gefahrlos postieren kann. Mit dem Doppelspurausbau und seinen zusätzlichen Stützmauern und einigen Sicherheitswänden zur Abgrenzung des Wanderweges sind es deutlich weniger Fotopunkte geworden, ausser man nutzt eine Drohne…
Zudem sind diese Fotopunkte meist weit weg von den Halteorten der Züge, was längere Fussmärsche in alpinem Gelände verursacht. Dank dem Wanderweg an der BLS Südrampe kann (und konnte) man sich mehr, oder weniger längs der Bahnstrecke bewegen, was wir gerne nutzen. Zum Erreichen der Fotostellen muss man den Weg am richtigen Ort verlassen und steil quer durchs Gelände ab- oder aufsteigen.
Eine der bekanntesten Fotostellen ist der Viktoriakopf, wo die Bahn in einem kurzen Tunnel eine herausragende Felsnase durchquert. Dieser Ort bot gleich mehrere tolle Fotopositionen in beide Fahrrichtungen und war deshalb nicht nur bei mir sehr beliebt. Man konnte unten neben dem Bahntrasse stehen und den Zug bei Queren des Tunnels festhalten, oder man konnte auf die Felsnase klettern und hatte von oben auf der einen Seite einen spektakulären Blick auf die Bahnlinie, die sich an den steilen Berghang anschmiegt, auf der anderen Seite öffnete sich der Blick bis zur Jolibachbrücke.
In dieser Zeit war die BLS Bergstrecke in fester Hand der Universallokomotiven Re 4/4 161 bis 195. Sie beförderten Personenzüge mit Halt auf allen Stationen, schwere Schnellzüge, Autozüge und Güterzüge. Beginnen wir unseren kleinen Fotorückblick mit talwärts fahrenden Zügen…
Ein typischer kurzer Personenzug mit der BLS Re 4/4 189, einem zweiachsigen Gepäckwagen, und zwei Reisewagen, einem AB und einem B. Die Re 4/4 189 mit ihrem Zug kommt von Goppenstein her und wird im nächsten Moment den Tunnel unter dem Viktoriakopf durcheilen. 11.05.1982 Foto: Edi Meier, BülachEiner der Höhepunkte war jeweils der Schnellzug IC 431 Bern – Venedig mit internationalen Wagen, der die lange sichtbare Stecke dem Hang entlang gut ausfüllte. Am 07.07.1984 beförderten die Re 4/4 168 und 161 gemeinsam den schweren Zug. Die Re 4/4 161 war als erste der Serie ursprünglich mit Anschnittsteuerung ausgerüstet, wurde später aber normaisiert mit Stufenschalter und Diodengleichrichtern. 07.07.1984 Foto: Edi Meier, BülachEin paar Meter weiter talwärts verlässt ein Personenzug mit der Re 4/4 170 den kurzen Tunnel durch den Viktoriakopf. Schön sieht man die Felsnase. Dieser Tunnel war schon doppelspurig ausgehauen. Bei anderenTunnel an der BLS Südrampe begann es zwar auch mit einem doppelspurigen Portal, aber im Innern war nach wenigen Metern nur eine Spur aus dem Fels geschlagen. Für den Ausbau musste dieser Fels bei laufendem Betrieb auf dem benachbarten Gleis entfernt werden. 07.07.1984 Foto: Edi Meier, BülachEinige Meter weiter Richtung Brig ist der Viktoriakopf nur noch als kleiner Fels hinter dem Schlusswagen zu sehen. Geführt von der Re 4/4 172 besteht der kurze Personenzug aus einem zweiachsigen Gepäckwagen D2 einem AB (einem umgebauten Plattformwagen ABi, dessen Plattformen aus Komfort – und Sicherheitsgründen geschlossen und mit Türen versehen wurden) und einem B Einheitswagen. 22.10.1983 Foto: Edi Meier, BülachFast an der gleichen Stelle fährt ein nicht sehr ausgelasteter Autozug mit dem Steuerwagen Bt 912 an der Spitze talwärts. Der Führerstand ist nicht klimatisiert und der Lokführer hängt zur Kühlung lässig seinen Arm aufs offene Fensterglas. 07.07.1984 Foto: Edi Meier, BülachAuch die Re 4/4 177 ist am 07.07.1984 an einem Autozug eingeteilt und schleppt diesen bergwärts. Man sieht beim Signal (ungefähr beim vierten Wagen) die kleine Fläche, auf der der Fotograf bei der letzten Aufnahme gestanden hatte.
Auch dieser Zug ist kaum mit Autos beladen. Das war im Winter und bei garstigem Wetter wohl anders, nur: dann bewegte sich kaum ein Fotograf an diese Stelle… 07.07.1984 Foto: Edi Meier , BülachDie gleiche Stelle mit einem kurzen Personenzug aufgenommen vom Viktoriakopf her, nun hat sich der Fotgraf talseitig etwas weiter nach aussen gewagt. Die Re 4/4 189 wird gefolgt von je einem Einheitswagen B und AB und einem zweiachsigen Gepäckwagen D2. 07.07.1984 Foto: Edi Meier, BülachEindrücklicher sind natürlich lange, schwere Schnellzüge wie dieser. Der letzte Wagen, ein farblich ziemlich ausgebleichter SBB Seitengang Leichtstahlwagen A aus der Serie 17-33 000 – 032 steht noch auf der Jolibachbrücke. So kann die Re 4/4 175 beweisen, wie viel Kraft in ihr steckt!
Bei der Jolibachbrücke ist die Re 4/4 183 am 2. Februar 1978 in einen Lawinenkegel gefahren, entgleist und in die Tiefe gestürzt. Der nachfolgende fast fabrikneue SBB Einheitswagen AB II blieb spektakulär quer hängen. 07.07.1984 Foto: Edi Meier, BülachZum Abschluss noch eine Foto mit einem bergwärts fahrenden Schnellzug, der gerade den kurzen Tunnel durch den Viktoriakopf passiert. Der Zug wird angeführt von der Re 4/4 192, einer der Nachbaulok (190 – 195) mit Einholm Stromabnehmer. 22.10.1983 Foto: Edi Meier, Bülach
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