05. Juli 2024 Exkursion St. Gallen

Schweizerische Gesellschaft für Eisenbahngeschichte SGEG
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Exklusive Besichtigung des Grabenkellers und Empfang mit Führung im Staatsarchiv St. Gallen

Freitag, 5. Juli 2024
Treffpunkt 13:00 Uhr, Eingang Grabenturnhalle, Unterer Graben 17, St. Gallen

Werte Mitglieder unserer Gesellschaft

Sie denken, sie kennen alle Bahnstrecken in unserem Land und haben diese schon gesehen? Dann wette ich jetzt mal frech dagegen. Oder sind Sie schon einmal durch den Grabentunnel gefahren? Und weil der so geheimnisvoll ist, sehen wir uns gleich noch einige Schätze aus dem Staatsarchiv St. Gallen an, die wieder ans Licht der Öffentlichkeit gelangen. Wer will, hat zum Schluss noch Gelegenheit, einen mehr als 2’600 Jahre alten Leichnam in einem UNESCO-Weltkulturerbe zu bestaunen. Doch der Reihe nach.

Als am 25. Oktober 1856 die St. Gallisch-Appenzellische Eisenbahn (SGAE) die Strecke Rorschach-St. Gallen eröffnete, verlief die damals noch einspurige Trassee in einem offenen Einschnitt durch die St. Galler Innenstadt. Mit der Betriebsaufnahme der Bodensee-Toggenburg Bahn (BT) 1910 gelangte die gemeinsam mit den SBB genutzte, einspurige Strecke an ihre Grenzen, ein Ausbau auf Doppelspur im dicht bebauten Stadtgebiet kam nicht in Frage. Die Lösung lag in einer unterirdischen Linienführung. So bauten die SBB mit finanzieller Unterstützung der Stadt St. Gallen den heute noch bestehenden Rosenbergtunnel und nahmen am 1. April 1912 den Vollbetrieb auf. Das alte Bahntrassee wurde von der Stadt übernommen und zugeschüttet. Ein Abschnitt diente noch mehrere Jahrzehnte als Anschlussgleis vom Bahnhof St. Fiden zum Schlachthof. Der Abschnitt vor dem längst abgebrochenen Grabenschulhaus wurde überdeckt und zum sogenannten Grabenkeller umgenutzt. Zunächst diente das 135 Meter lange Bauwerk einem Weinhändler als Lager, der darin eine Lorenbahn einrichtete. Als der Händler 1951 auszog, nutzte die Stadtfeuerwehr den Grabenkeller noch bis 1983 als Übungsanlage, danach verfiel er in einen Dornröschenschlaf. Heute ist die Anlage verwaist und wird nur noch als Trassee für Fernwärmeleitungen genutzt.

Wir erhalten die einmalige Gelegenheit, den geheimnisumwitterten Tunnel kurz zu besuchen und das älteste Zeitzeugnis des Bahnverkehrs in St. Gallen zu erkunden. An die Zeit als Weinkeller erinnern eingelassene Feldbahn-Schienen und rostige Loren, an die Zeit der SGAE als offene Bahntrassee, eine Bruchsteinmauer an der einen Kellerwand. Nach dem rund 20-minütigen Besuch laufen wir zum Stiftsbezirk und werden im Regierungsgebäude vom Staaatsarchiv St. Gallen empfangen.

Neben seiner Hauptaufgabe, der Überlieferung des staatlichen Handelns des Kantons, bewahrt das Archiv mit Unterlagen von privater Institutionen, Organisationen, Familien und Einzelpersonen auch nichtstaatliche Archivalien. Darunter das Archiv der ehemaligen Bodensee-Toggenburgbahn-Gesellschaft (BT) und Bestände der Dornier-Werke Altenrhein AG und des Rechtsnachfolgers Flug- und Fahrzeugwerke Altenrhein AG (FFA). Bei letzterem gibt es Überschneidungen zu den Archivbeständen unserer Gesellschaft. Die SGEG gründete sich 2003 mit dem Ziel, das Fotoarchiv der Bombardier Schweiz vor der Vernichtung zu bewahren – und dazu gehörten auch die Eisenbahn-Fotografien der FFA.

Eine Zusammenarbeit mit dem Staatsarchiv St. Gallen und der SGEG fand mit dem Austausch von Fotoverzeichnissen als Findmittel bereits statt und es werden wohl weitere folgen.

Wir erhalten bei unserer Führung im Staatsarchiv Einblick in die Arbeit der Fachpersonen und erfahren, welche vielen Schritte nötig sind, um Archivalien langfristig zu bewahren und zugänglich zu machen. Das Archiv arbeitet zur Beschreibung von Archivalien auch mit Spezialisten des jeweiligen Fachgebietes zusammen, die ihre Kompetenzen ausserhalb der archivarischen Arbeit erworben haben. So ist unser Mitglied Anton Heer bei der Erschliessung von Eisenbahn-Fotografien tätig und wird uns von seinem Engagement erzählen. Wir werden einige Schätze sehen, die dank der unermüdlichen Arbeit der Archivarinnen und Archivare wieder ans Licht der Öffentlichkeit gelangen. Wer selbst ein (Foto-)Archiv pflegt, wird über Tipps zur konservatorisch sinnvollen Aufbewahrung der fragilen Dokumente sicher inspiriert werden.

Weitere Geschichte bietet sich in der benachbarten Stiftsbibliothek des ehemaligen Benediktinerstifts St. Gallen an. Wir haben keine Führung organisiert, aber wer Interesse hat, dem sei ein Besuch des in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts entstandenen Barocksaals auf eigene Kosten wärmstens empfohlen. Und falls der Bedarf an geheimnisvollen Erlebnissen noch nicht gedeckt ist; in der Bibliothek ist auch die ägyptische Mumie der Schepenese, möglicherweise einer Tochter des Amunpriesters Pestjenef in Theben, die ungefähr zwischen 650 und 610 v. Chr. lebte, aufgebart.

Da die Anzahl Teilnehmender beschränkt ist, steht die aussergewöhnliche Exkursion für einmal ausschliesslich Mitgliedern unserer Gesellschaft offen. Pro Mitglied kann aber ein Gast mitgenommen werden. Anmeldung zwingend nötig, Anmeldeschluss ist der 28. Juni 2024. Die Plätze werden in der Reihenfolge der Anmeldungen vergeben. Die Kosten betragen pro Person CHF 25.-, Anmeldung durch Überweisung auf das Bankkonto CH35 0070 0114 8083 3256 4, lautend auf Schweizerische Gesellschaft für Eisenbahngeschichte SGEG, 8038 Zürich. Für die Besichtigung des Grabenkellers empfehlen wir die Mitnahme einer Taschenlampe oder Handys mit Leuchtfunktion.

Wie üblich tragen die Einnahmen aus unseren Veranstaltungen zum Erhalt unserer Archivbestände und dem Betrieb des bahnarchiv.ch bei. Sie gönnen sich also nicht nur einen geheimnisvollen Bahntag, sondern unterstützen auch unsere Arbeit. Vielen Dank dafür!

Roger Bennet
Präsident & Leitung Archive

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c/o bahnarchiv.ch
Seestrasse 309
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